Mittwoch, Dezember 13, 2017

"Neues Deutschland" beklagt Männerfeindlichkeit von MeToo – News vom 13. Dezember 2017

1. Ich habe ja schon viel zu MeToo gebloggt, aber gestern ist die meines Erachtens beste Analyse dieser Kampagne erschienen. Der Ort der Veröffentlichung mag manche überraschen: Es ist das "Neue Deutschland".

Vielen Genderama-Lesern dürfte der Name des Autors dieser Analyse, Kurt Starke, nichts sagen; er ist aber ein in seinem Metier bekannter Leipziger Sexualwissenschaftler. (Ich stand bei der Recherche für eines meiner Bücher auch mal im Kontakt mit ihm.) Sein Artikel beginnt damit, dass die Frauen in Starkes Umfeld die MeToo-Kampagne komplett anders wahrnehmen, als ihnen von den deutschen Medien fast unisono vorgebetet wird:

Die Antworten fallen knapp aus: "Ach so, das, nee, interessiert mich nicht, ist nicht meins." - "Die machen sich doch nur wichtig, alles Geschäft, armselig." - "Vor 60 Jahren hat mein Brigadier, ich war 18, zu mir gesagt: 'Ich nagle dich!' Erst wusste ich nicht, was das bedeutet, und als ich es wusste, habe ich gesagt: 'Das entfällt.' Damit hatte sich das erledigt." - "Mit so was kann man jeden zur Strecke bringen." - "Wenn mir jemand die Hand auf die Schenkel legt, schieb ich sie weg, und das war’s. Oder es gefällt mir, und ich gehe darauf ein." - "Als Überschrift in der Zeitung: 'Männer sind Schweine'. Also das geht mir zu weit, schon wegen der Schweine, das sind doch ganz tolle Tiere." - "Wieder so eine Welle, die anderes überspült. Ich habe andere Sorgen." - "Wenn ein Mann seine Frau zusammenschlägt, ist das etwas anderes, als wenn er ihr am Hintern krabbelt und sie verführen will." - "Wenn Frauen grundsätzlich etwas gegen Männer haben, finde ich das extrem. Die einen gegen die anderen, da kommt nichts Gutes dabei raus." - "Lieber mal ein verunglücktes Kompliment als gar keins." - "Ich bin kein Opfer und will auch keins sein. Opfer ist kein Beruf."


Diese Reaktionen zeigen: Deutsche Männer werden von unseren Leitmedien mit einer Botschaft dauerbeschallt, was in Frauen angeblich vorgeht, und beginnen unweigerlich, ihr Verhalten entsprechend auszurichten, während die Mehrheit der Frauen diesen Wunsch überhaupt nicht hat. Es kommt zu einer völlig unnötigen Zerrüttung der Geschlechterbeziehungen. Eigentlich müsste über jedem Artikel zu MeToo stehen: "Der folgende Text sind nicht mehr als die persönlichen Auffassungen einer rot-grün-feministisch geprägten Journalistin aus Berlin-Mitte (Bevölkerungsanteil 0,0000004 Prozent.")

Starke nennt im weiteren Verlauf seines Artikels acht zentrale Probleme mit der MeToo-Kampagne, beginnend mit einem, das ich hier auf Genderama schon wiederholt thematisiert hatte:

Von der verbalen Entgleisung bis zur rohen Gewalt, von der unangemessenen Berührung bis zur Vergewaltigung wird alles in einen Topf geworfen und als Problem konstruiert. Jeder Differenzierungsversuch - in Talkshows und auf Tagungen ist das gut zu beobachten - wird sofort als Verharmlosung, als Verhöhnung der Opfer, als Identifikation mit Tat und Tätern bewertet. Die Grenze wird zwischen Tat und Nichttat gezogen, zwischen Opfern und Tätern, die Art der Tat ist dann zweitrangig. Wenn aber alles Tat ist, dann geht die Schwere der Tat unter, dann wird diese relativiert.


Als weitere problematische Aspekte von MeToo nennt Starke "Sexualisierung", "Lynchjustiz", "Separierung", "Reduzierung", "unzulässige Verallgemeinerung" und "Strohfeuerwerk". Das alles ergibt sehr viel mehr Sinn als das gängige Geplapper in den Leitmedien zu diesem Thema. Der Expertendiskurs steht konträr zum journalistischen Diskurs. Und vermutlich besteht ein zentrales Problem von Feminismuskritik und Männerrechtsbewegung darin, Teil des Expertendiskurses zu sein und deshalb in den Leitmedien entweder gar nicht oder nur unter entschiedenem Widerspruch thematisiert zu werden. Sobald man sich bei einem geschlechterpolitischen Thema auskennt, hat man in unseren Leitmedien eine schwache Position.

WENN unsere Position allerdings angemssen in den Leitmedien erscheinen würde, hätten wir hier wie in anderen Fällen beste Chancen, auch beim weiblichen Teil der Bevölkerung Zustimmung zu erhalten. Das belegen die von Kurt Starke gesammelten Zitate. Die Leitmedien führen aber nur begrenzt eine offene Debatte. Der SPIEGEL etwa feiert seit über zwei Monaten in jeder einzelnen Ausgabe mit mindestens einem Artikel die MeToo-Kampagne. Der Autor des einzigen kritischen Artzikels wurde von Feministinnen auf der Leserbriefseite der Folge-Ausgabe so zur Schnecke gemacht, als ob er ein begriffsstutziger Hinterwäldler wäre, der zu doof war zu kapieren, dass Frauen vor sexuellen Übergriffe geschützt werden müssen.

Zwei weitere erwähnenswerte Passagen in dem insgesamt lesenswerten Artikel des "Neuen Deutschlands":

Gesellschaftliche Veränderungen lassen sich nicht im Kampf von Frauen gegen Männer, sondern nur miteinander erreichen. Wer Frauen gegen Männer ausspielt, festigt überholte Bilder von Mann und Frau.


Die vorherrschende MeToo-Bewertung hat einen emanzipatorischen Anspruch, ist frauenzugewandt und strukturanalytisch teilweise stark. Zugleich hat sie gelegentlich nicht nur einen männerfeindlichen, sondern auch einen frauenfeindlichen und altklassisch sexualfeindlichen Akzent. Frauen und Männer leben mit der medialen Ambivalenz des Sexuellen und mit den ätzenden Attacken auf ihr Geschlecht, und zweifellos werden sie in dieser oder jener Weise davon beeindruckt. Sie müssen damit zurechtkommen, dass sie - wie in der Sexismusdebatte - als Persönlichkeit auf ihr Geschlecht reduziert werden (...).




2. Mithu Sanyal versucht, im feministischen Lager etwas kritische Selbstreflexion auszulösen, und spricht an, dass auch Frauen Männer diskriminieren können.

Eine erwähnenswerte Passage aus Mithu Sanyals Artikel ist übrigens diese:

Warum werde ich ständig nach den Männern gefragt? Ich glaube, das liegt daran, dass es dort ein Vakuum gibt, ein Vakuum an Wissen und Personen, die dazu schreiben. Also natürlich gibt es genügend Menschen, die zu dazu forschen und denken und arbeiten, aber anscheinend nicht der Welt der Journalist*innen, die zu den Themen rund um Feminismus publizieren.


Das sagt über feministische Journalistinnen eigentlich alles: "Och scheiße, eigentlich habe ich ja komplett keinen Plan über Männer. Hmmmm, ich könnte mal jemanden fragen. Vielleicht einen dieser Männerrechtler, die seit Jahrzehnten darüber schreiben? Ach nö, ich frage lieber eine von uns."



3. "Die Schweiz bleibt rückständig: Frauen traut man keine Führungsaufgaben zu, Männern keine Familienarbeit", konstatiert Claudia Blumer im Tages-Anzeiger.



4. In Florida beginnen die ersten Frauen, so unter den Folgen von MeToo zu leiden, wie es mehrfach vorhergesagt wurde:

Weibliche Angestellte und Lobbyisten, die letzte Woche in das Capitol zurückkehrten, um sich vor Sitzungen miteinander zu treffen, entdeckten, dass viele männliche Gesetzgeber sich nicht mehr privat mit ihnen treffen werden. Gewöhnt an Tallahassees Südstaatenkultur, in der sich Männer und Frauen beiläufig und routinemäßig mit Umarmungen begrüßen, führen Gesetzgeber nun einen unbeholfenen Tanz auf, um eine Umarmung durch einen Handschlag zu ersetzen. Und die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen - gegen Frauen, die Anschuldigungen vorgebracht haben, oder solche, die es in der Zukunft werden könnten - ist ebenso roh wie die Angst, dass die politischen Feinde des Gesetzgebers die Forderungen nach sexueller Belästigung in neue politische Waffen verwandeln könnten.




5. Die Post. Gestern hatte ich einen Artikel der Schweizer Zeitung "Blick" verlinkt, dem zufolge die Bibel genderkonform umgeschrieben wird, und eine Passage aus diesem Artikel zitiert:

Da nennt nicht mehr "Adam seine Frau Eva". Neu gibt "der Mensch seiner Frau den Namen Eva, Leben". Oder Gott ruft nicht mehr nach Adam, sondern "Gott, der Herr, rief nach dem Menschen". Aus dem Mann ist der geschlechtsneutrale Mensch geworden.


Dazu schreibt mir heute ein Leser folgendes:

Hallo Arne,

ich lese deinen Blog nun schon seit einigen Jahren begeistert mit und habe bisher noch nie aktiv reagiert, möchte das aber nun anlässlich deines Beitrages zur gendergerechten Bibel tun.

Das Wort "Adam" ist kein Name sondern ein sehr tiefer Begriff, der das Menschliche an sich betont. Die Übersetzung als Mensch ist hier also korrekter als die Annahme, Adam sei der als erstes geschaffene Mann. Das Geschlecht entsteht erst mit der Aufteilung des Adams in "isch" (Mann) und "ischa" (Frau). Die originale Bibel ist hier also absolut genderkonform und hat mehrere Wortspiele, die so im Deutschen nicht funktionieren. Jörg Sieger hat das sehr ausführlich und meiner Meinung nach ordentlich ausgeführt.

Interessanter ist die Rollenverteilung: Adam stammt von adamah (Ackerboden) während Eva von hawwah (die Belebte) stammt. Ganz eindeutig wird hier die Frau unterdrückt da sie Leben schenken muss, während der Mann arbeiten darf. Da besteht also dringend Handlungsbedarf ;)


Ein anderer Leser schreibt mir zum selben Thema:

Danke für den immer wieder interessanten Blog. Das mit der in der Schweiz umgeschriebenen Bibel ist jetzt aber gleich mehrfacher Käse. Erstens hat die nichts mit der Schweiz zu tun. Das ist eine in Deutschland von Deutschen übersetzte deutsche Bibel.

Ich weiss nicht, was in den "Blick" gefahren ist. Die neue Einheitsübersetzung gibt's doch schon ein Jahr (die werden jetzt wohl nicht schon wieder eine neue aus dem Hut gezaubert haben). Natürlich kommt da Adam vor, und zwar das erste mal in 1. Moses 4, 25 wie auch in meiner Zürcher Bibel von 1931 (und auch in der neuen von 2007). Bis dahin heisst es "Der Mensch aber wohnte seinem Weibe Eva bei ..." usw. Erst nachdem Kain Abel abgemurkst hatte, erfährt man den Namen Adam.

Auch viele andere Übersetzungen schreiben die längste Zeit vom Mensch, z.B. Luther 2017 "25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und schämten sich nicht." bis dann in 1. Moses 3, 8 endlich Adam Adam genannt wird. Auch nicht früher bei Menge, Schlachter, Hoffnung für alle, Gute Nachricht, neue evangelische Übersetzung.


Und ein dritter Leser schreibt mir hierzu:

Hallo Arne,

Unter der Überschrift "In der Schweiz wird die Bibel genderkonform umgeschrieben" hast Du einen Schnipsel zitiert, der leider richtig ist. Nein, nicht dass das richtig so ist, die Bibel zu gendern, sondern der neue Text ist richtig.

Adam ist hebräisch und heißt Mann oder Mensch (wie im enlischen "man" sowohl "Mann" als auch "Mensch" bedeuten kann).

Adam und Eva sind keine Namen! Zu Eva meint (nicht nur) die Wikipedia "Chawwah, 'die Leben Schenkende', 'Mutter der Lebendigen'". Hier versagt Google, weil die Übersetzung entsprechend programmiert ist. Chawwah wird leider mit Eva übersetzt; nur bei Adam funktioniert es richtig.

In der Thora 1. Mose 3, 20 steht:

"Und der Mann nannte den Namen seiner Frau Eva, weil er die Mutter allen Lebens war."

(Übersetzt von Google; es muss natürlich "sie" heißen.)

In der Luther 2017 heißt es:

"Und Adam nannte seine Frau Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben."

Die Übersetzung ist also fast wörtlich.

An anderer Stelle steht in der Luther 2017 (1. Mose 2, 5):

"Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute"

In der Thora steht an dieser Stelle im zweiten Satz (…und kein Mensch war da, der das Land bebaute):

"… und der Mensch kann das Land nicht kultivieren." [wieder Google-Übersetzung]

Da wurde "Adam" korrekt mit "Mensch" übersetzt und nicht als Name benutzt.

In der Thora steht in allen Fällen, wo im deutschen "Mann", "Mensch" oder "Adam" steht, das selbe Wort, nämlich "Adam" - "Mensch".

(Den hebräischen Text kann ich leider nicht dazuschreiben, da es erstens nicht von rechts nach links geht (Mailsoftware kann's nicht) und zweitens als Nur-Text-Format ohnehin nicht überleben würde.)

Fazit: Nicht immer, wenn sich jemand über Genderismus aufregt, ist auch Genderismus drin. Die Bibel wurde allerdings natürlich genau aus diesem Grund neu "übersetzt", um sie den Gernderisten als "geschlechtergerecht" oder "geschlechterneutral" zu verkaufen. Die Leute sind einfach nur peinlich.

kostenloser Counter