Mittwoch, September 20, 2017

"Werden Feministinnen die Männerrechtsbewegung unterstützen?" – News vom 20. September 2017

1. "Österreichs Männer fühlen sich von den etablierten Parteien zunehmend benachteiligt" berichtet heute die "Basler Zeitung". (Sollte dieses Problem nicht eigentlich ein Thema für Österreichs Medien sein?) Der Artikel porträtiert ausführlich Hannes Hausbichler, den Bundesvorsitzenden der Männerpartei Österreichs, der "fortlaufend für sein angeblich so unterdrücktes Geschlecht" kämpft. Dabei enthält der Beitrag die üblichen Fehler und Schwächen: Männerrechtler (Maskulisten) und Antifeministen werden dargestellt, als seien diese Fraktionen identisch, und verschiedene Passagen tun so, als ginge es Männerrechtlern nicht um gesellschaftliche Probleme, sondern als seien sie selbst das Problem. In den Artikel eingestreute Fragen wie "Was sind das für Männer, die das Gefühl haben, von Frauen unterdrückt zu werden?" oder "Was gibt es da für Männer zu jammern?" würden die Leitmedien umgekehrt bei Feministinnen nicht stellen.

Generell schafft es Rosa Schmitz, die Autorin des Artikels, nicht, über Hausbichlers Forderungen einfach nur zu berichten, ohne dies mit abwertenden Unterstellungen zu verquicken:

Auch "die scheiss Frauenquote», wonach Frauen "immer nur auf Grund ihres Geschlechts, nicht wegen einer tatsächlichen Qualifikationen angestellt werden", sollte abgeschafft werden. Daran, dass sie ein Mittel sein könnte, die Benachteiligung von Frauen einzudämmen, verschwendet die Männerpartei keinen Gedanken.


Die Idee, dass sich die Männerpartei darüber sehr intensiv Gedanken gemacht hat und trotzdem zu einem anderen Ergebnis als Rosa Schmitz gelangt, scheint der Autorin nicht zu kommen. Stattdessen fährt sie damit fort, Hausbichler sexistisch anzugehen und ihm etwa eine "womöglich testosterongesteuerte Tendenz" zuzuschreiben. Dabei projiziert sie womöglich ihren eigenen Sexismus auf Hausbichler und wirft ihm belegfrei vor, dass "das weibliche Geschlecht in seinen Augen an allen Übeln dieser Welt schuld" sei. Und in den darauf folgenden Absätzen wird es völlig wild:

In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung erklärte Männerrechtler Arne Hoffmann dieses Phänomen. In der Biografie der "verbal aggressivsten Vertreter" der anti-feministischen Bewegung zeige sich "häufig eine Lebenssituation, die zu einer posttraumatischen Verbitterungsverstörung führen kann. Beispielsweise jahrelanger sexueller Missbrauch, eine besonders schmerzhaft verlaufene Scheidung, häusliche Gewalt oder das Unterschieben eines Kuckuckskindes." Hausbichler selbst ist geschieden. Ob die Scheidung für ihn eine traumatische Erfahrung war und ob sie dazu beigetragen hat, dass er der Partei beigetreten ist, darüber lässt er sich nicht aus.


Viele Leser werden sich daran erinnern, dass ich diese Mutmaßung in Verbindung mit Menschen äußerte, die sich mit frauenhassenden Sprüchen wie "Frauen sind doch nichts anderes als Zecken im Leben eines Mannes" profilieren müssen. Nun habe ich Hannes Hausbichler auf zwei Genderkongressen kennen gelernt und derartig Durchgeknalltes noch nie von ihm gehört; tatsächlich geht er sehr analytisch an das Geschlechterthema heran. Auch auf der Website von Österreichs Männerpartei wird man frauenfeindliche Sprücheklopferei nicht finden.

Rosa Schmitz selbst ist es ja durchaus gelungen, zumindest einige Themenfelder dieser Partei (Ungerechtigkeit bei der Rente, beim Kriegsdienst und in der Schule) zutreffend zu benennen. Trotzdem kann sie damit nicht anders umgehen, als die Aktivisten, die diese Ungerechtigkeiten ansprechen, immer wieder als Übergeschnappte zu präsentieren und ihnen ganz andere Auffassungen unterzuschieben. ("Wahr ist: Sie können nicht mehr so selbstverständlich Vorrang und Vorherrschaft reklamieren.")

Insgesamt ist Rosa Schmitz' Artikel damit nur ein weiteres Zeugnis für die tiefe Krise, in der unsere Leitmedien inzwischen stecken und wie sehr sie sich ideologisch verrennen, während sie zugleich gegen "Fake News" im Internet wettern. Die Hoffnung, dass die Medienkrise dazu führt, dass Journalisten sich mehr darauf besinnen, faire Artikel zu schreiben, wird derzeit leider nicht erfüllt. Stattdessen sinkt die Qualität solcher Artikel nur noch weiter. Gleichzeitig zeigen diese Artikel aber auch, dass die Männerrechtsbewegung inzwischen so stark geworden ist, dass sie selbst unsere Leitmedien nicht mehr so stur ignorieren können, wie sie das in den letzten beiden Jahrzehnten getan haben.



2. "Väter fühlen sich nach einer Scheidung oft benachteiligt" berichtet dementsprechend auch Die Zeit, weshalb ein neues Konzept der sozialdemokratischen Familienministerin Barley unter anderem Steuererleichterungen vorsehe: "Barley zeigte sich grundsätzlich offen für Forderungen von Väterverbänden, die die Benachteiligung von Trennungsvätern kritisieren." Einen dieser Väter, Markus Witt, stellt Die Welt in einem kurzen Video vor.

In dem Artikel Barley ist spät dran kommentiert Michael Gabel in der "Märkischen Online Zeitung":

Merkwürdig ist es schon: Kurz vor der Wahl stellt Familienministerin Katarina Barley Pläne zur Besserstellung von Trennungsvätern vor. Als wäre das Problem, dass frisch getrennte oder geschiedene Väter zwar alle möglichen Pflichten, aber vergleichsweise wenige Rechte haben, nicht längst bekannt. Klar, es ist Wahlkampf. Da macht jeder noch einmal so gut auf sich aufmerksam, wie er kann. Besser wäre es aber gewesen, das Ministerium hätte die Ideen früher präsentiert.


Die Südwest-Presse berichtet über einige Reaktionen auf Barleys Wahlkampfmanöver:

Die Grünen sehen die Vorschläge kritisch. Die familienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, kritisierte die Vorschläge zur Steuerentlastung als "Benachteiligung für Geringverdiener". Lob kommt dagegen vom Bundesforum Männer, das sich für mehr Väterrechte einsetzt. (...) "Bislang ist oft der erste Brief, den Männer nach einer eingereichten Scheidung bekommen, ein scharf formuliertes juristisches Schreiben vom Amt", sagte der Geschäftsführer des Bundesforums Männer, Dag Schölper, dieser Zeitung. "Viel besser wäre es, wenn getrennt lebende Eltern veranlasst würden, sich professionell beraten zu lassen. Insofern begrüßen wir den Vorschlag der Ministerin sehr." Auch die steuerliche Entlastung sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Die Erleichterung bei vielen Vätern wäre sicherlich groß, wenn sich da etwas bewegen würde."




3. Währenddessen stockt Barleys Ministerium sein Personal kräftig auf:

Insgesamt stiegen die Personalkosten im Vergleich zur letzten Wahlperiode von 32,3 Millionen Euro in 2013 auf geplante 45,5 Millionen Euro im Jahr 2018 an – eine Steigerung um 41 Prozent. Die Linke-Fraktion betrachtet die Aufblähung des Ministeriums mit Sorge. "Der Personalaufwuchs in dieser Größenordnung ist fachlich sowie sachlich nicht nachvollziehbar und wirft unmittelbar vor der Wahl den Verdacht auf, dass hier SPD-Genossen auf hoch bezahlten Stellen untergebracht worden sind", kritisiert Norbert Müller, der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Linke-Fraktion.




4. "Das ganze Elend der deutschen Politik in einem Bild" sieht der (Triggerwarnung) linke Männerrechtler Ralf Bönt in dem irreführenden Wahlplakat der SPD, das suggeriert, Frauen würden für dieselbe Leistung wie Männer 21 Prozent weniger verdienen. Der von der "Welt" veröffentlichte Artikel würde Rosa Schmitz vermutlich überhaupt nicht gefallen und ist insofern in Gänze lesenswert.



5. Man freut sich ja immer, wenn wenigstens ein bekanntes Medium, das blindlings auf Männer eindrischt, dafür die verdiente Quittung erhält. So berichtet aktuell Nerdcore über die Situation des Magazins "Rolling Stone":

Jann Wenner will den Rolling Stone verkaufen, die allgemeine Lage am Print-Markt und der Reputations-Verlust durch die Fake-Rape-Story haben dem Stone wohl am Ende den Garaus gemacht.


Erschwerend kommt hinzu, dass es für den "Rolling Stone" auch vor Gericht eher suboptimal läuft.



6. In einer Entscheidung, die vor allem ideologisch bestimmt sein dürfte, hat die TV-Serie "The Handmaid's Tale" acht Emmys abgeräumt. Der National Review erläutert, wie gaga diese Preisverleihung ist.



7. Eine neue Studie argumentiert, dass Jungen besser in Physik sind als Mädchen, weil sie anders pinkeln.



8. Das "303 Magazin" stellt die Frauen in der Männerrechtsbewegung von Denver vor – ein Beitrag von deutlich höherer Qualität, als sie die "Basler Zeitung" abliefert. Spannend ist vor allem, wie er denkbare Koalitionen zwischen Feministinnen und Männerrechtlern zum Thema macht. Obwohl diese Entwicklung hierzulande sowohl von den wortführenden Feministinnen als auch von Antifeministen geradezu feindselig geblockt wird, halte ich das für ein zentrales Zukunftsthema, weshalb ich den verlinkten Artikel hier besonders ausführlich zitiere:

Aaron, 34, president and founder of RMMRA, is aware of the bad reputation of some MRAs. He stresses that the organization he helped start is, to the contrary, an "inclusive group that is not in any way, shape, or form anti-woman."

"A primary goal of Rocky Mountain MRA," Aaron said, "is to build bridges between men’s rights advocacy and feminism so that the two can work together towards a more complete vision of gender equality."

Gloria, 25, is a self-identified feminist and a graduate of an "ultra-liberal college." She said she was drawn to feminism because of its focus on the "insidious effects of gender on everyday life and larger societal trends."

Gloria is also a member of Rocky Mountain MRA. Instead of seeing feminism and men’s rights activism as opposing ideologies, she believes they can operate in unison by tackling the "relationship between gender and behavior and gender expectations in society."

(...) While Gloria still sees the world through the lens of patriarchy, her take on it has "significantly changed." These days, she views it as a "simplification of what’s happening in ruling classes instead of the general public." In her opinion, it’s more someone’s economic class that acts as the deciding factor in who is privileged and who is oppressed, and not so much gender.

De Coning also questions the assumption that all men are automatically more privileged than women, despite a lower economic status. "If you’re a working class man in the rust belt, what is your privilege compared to a wealthy woman in California?" she asked.

Indeed, Gloria said men in our culture often get the short end of the stick, such as being forced into "dangerous or even illegal jobs in order to support their families."

Lexie, 23, a RMMRA board member, takes things even further. She said that typically in society, "men are considered more disposable than women, men’s lives are valued less."

A male-to-female transsexual who considers herself more left wing than any politician in the country, Lexie is extremely knowledgeable — and opinionated — about gender issues and how they play into today’s politics. Her life experiences have convinced her that men are often held to different standards than women, such as not being "taken as seriously if abused or hurt."

"Which isn’t to say that women always have it great," she clarified. "But they’re usually more protected and not expected to do the dirty work."

(...) "We still live in a society that pressures men to be breadwinners," de Coning said. "Feminists would identify that as patriarchy ... men’s rights activists might see that as something else."

Bryan, 35, is a musician and RMMRA’s vice president and co-founder. He thinks the pressure on men to become "workhorses" and measure up to society’s standards of success in order to gain respect, or find a partner with whom to start a family, forces some men to "go dead and hollow inside."

He said the "consequence of treating men like cattle" is that men live an average of 4.8 years less than women and makeup 78 percent of suicides. He also thinks it plays a role in men being 93 percent of those incarcerated in state and federal prisons.

No one’s arguing that men shouldn’t be held accountable for the crimes they commit. Yet, studies have found that women arrestees are likelier to avoid charges and convictions and, if convicted, are twice as likely to avoid prison. Meanwhile, men receive 60 percent longer sentences than women for committing the same crimes.

Gloria is troubled by the fact that, while society accepts that gender plays a role in matters like workplace discrimination, "conveniently, when men are on the other side of it, it’s like it has nothing to do with gender. It’s just a problem that other people need to work out."

Kat argues that men face other "legal inequalities" beyond the criminal justice system, particularly when it comes to divorce and child custody.

So does Sharon Liko, a Denver-based attorney who practices family law with a focus on men’s rights. "I represent men who would do anything to see their kids. I don’t represent deadbeat dads ... I see guys who are really working hard," she said.

Liko has seen instances of divorce where women have been "unreasonable and they are demanding too much financially. They want to be supported for the rest of their lives. They really don’t want what’s fair, they want everything."

Liko has also been involved with cases of child custody in which women "use the kids as weapons" or try to "marginalize the father," often resulting in courts siding against the men.

(...) Aaron, RMMRA’s president, and recently celebrated two years of marriage to Holly. He said that a lot of the depression he suffered in his youth was because, as a "de facto feminist," he felt shamed for having been born a man.

"Feminism seemed to put me in a box, telling me I was just a really negative force in the world as a man," Aaron said. "I didn’t see any positive future for myself."

Aaron said the men’s rights movement "helped me to change my perspective on what my role is in the world and gave me a sense of how I can be positive force in the world despite my gender." He credits this change of heart as guiding his work as a nutrition therapist focused on men’s health.

Holly said her experience at PrideFest proved to her how the issue of men’s mental health resonates with people. "We had so many people come up to us and thank us for being there, and so many people with stories of their friends or brothers who committed suicide. They see how common it is and how little it’s talked about."

"We had people come up and give us hugs, and start crying in our booth," Holly said. "A lot of women, probably more women."

De Coning thinks that men’s rights and feminism have "very similar issues" but tend to come at them from "different angles."

She cited the controversy surrounding male circumcision as a direct tie-in to women’s struggle against female genital mutilation and for abortion rights. "Of course we care about issues of bodily autonomy or giving men and boys the right to choose what happens to their bodies," de Coning said.

Gloria agrees that the two movements have "more in common than they have different." (...) Holly, too, acknowledged that, "in order to make real changes in laws, we do need the support of feminists."

But will feminists back the men’s rights movement?

McClellan is cautiously supportive. "I have a son, I have a husband, I have a dad, I know that they face very real issues," she said. "Are they as prevalent, and as dominant and as obvious as women’s issues? Maybe not, but they’re very important nonetheless."

"I think we’d probably get further if we try to figure out what we actually want together as a society, instead of posing it as a man versus woman issue," de Coning said. "The antagonism, it’s not productive."

(...) Lexie likens today’s situation with men’s rights to the early years of the gay rights movement. Back then, much of society "saw gay people as needing to change themselves, and I think that a lot of people want men to change in their own image."

She said there’s been a lot of victim blaming when it comes to both groups. "When you showed the statistics of gay suicides, or STD rates, people would think they brought it onto themselves."

"And people will say that about men’s suicide rates, the prison sentencing gap ... that men are bringing it onto themselves," she said. "As if there were something inherently wrong with being a man."


Wenn man diesen Artikel mit dem in der "Basler Zeitung" vergleicht, deren Autorin den Einsatz für Männerrechte nur verquickt mit ihren Phantasien über Frauenfeindlichkeit darstellen kann, ist das ein Unterschied von Tag und Nacht. Ich verstehe wirklich nicht, warum sich deutschsprachige Medien derart schwer damit tun, dieses Niveau zu erreichen.

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