Donnerstag, November 24, 2016

Vermischtes vom 24. November 2016

1. Die WELT berichtet in einem Artikel, den man im Volltext lesen sollte, über ein "Dokument des Grauens".

Erwähnenswert ist im ersten Absatz des WELT-Artikels darüber hinaus die Formulierung "Eine Frau (...) übt grausam Rache", während aus dem Artikel selbst überdeutlich wird, dass von "Rache" keine Rede sein kann. So sieht im Deutschland des Jahres 2016 die Rape Culture aus.



2. Auch Lidl will jetzt im Gender-Bereich Geschäfte machen. So ersetzt der Discounter den Weihnachtsmann, also den "Santa Claus", aktuell durch eine "Santa Clara". Das berichtet das Werbe-und-Marketing-Magazin Horizont:

Gerade für Frauen ist die Zeit vor Weihnachten von Stress und Hektik bestimmt. Die Lorbeeren heimst dann aber jedes Jahr der Weihnachtsmann ein. "Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch unzeitgemäß. Schließlich steht das Thema Gleichstellung ganz oben auf der Agenda der Welt. Das sollte auch für Weihnachten gelten", findet Jo Marie Farwick, Inhaberin des Kreativ-Kollektivs Überground. (...) Santa Clara sei die Botschafterin für eine etwas entspanntere Weihnachtszeit und soll daran erinnern, dass nicht immer alles perfekt sein muss. (...) Unter dem Hashtag #santaclara will Lidl seine Weihnachtsheldin in den sozialen Medien bekannt machen. Entsprechende Aktionen sind für Facebook, Youtube, Instagram, Pinterest, Snapchat und Musical.ly geplant.




3. Die Bloggerin und Psychotherapeutin Nadja Hermann ("Erzählmirnix") befindet sich immer noch in einer Auseinandersetzung mit der AfD. Dabei kommt sie zunächst einmal mit der unübersehbaren Verkemperung unserer Gesellschaft durch besonders ideologisierte Linke zu sprechen: einem Vorgang, bei der etliche Menschen als radikal Rechte angegangen werden, nur weil sie nicht brav dem aktuell unter Wortführern der Linken angesagten Weltbild folgen, also weil sie beispielsweise den Feminismus kritisieren. Ich habe diese Polemik radikaler Linke bekanntlich ebenso in mehreren Büchern analysiert, wie ich als Feminismuskritiker selbst deren Opfer geworden bin. (Das von mir geschaffene Wort "Verkemperung" bezieht sich auf Andreas Kemper, einen hingebungsvollen Anwender dieser Strategie, weil man mit seinem Namen einfacher einen Ausdruck wie "Verkemperung" basteln kann als mit "Gesterkamp" oder "Rosowski".)

Diese Strategie ist derart dämlich, dass sie echte Rechte geradewegs dazu einläd, den dadurch entstandenen Unmut auf die eigenen Mühlen zu leiten und Leute wie Kemper zu den engagiertesten Wahlhelfern für die AfD zu machen. Nadja "Erzählmirnix" Hermann führt aus, welche psychologischen Mechanismen die AfD hier ausnutzt:

"Im März schrieb AfD-Chefin Frauke Petry in einer Mail an die Mitglieder, um sich medial Gehör zu verschaffen, seien 'pointierte, teilweise provokante Aussagen unerlässlich' Sie erst schüfen die notwendige Aufmerksamkeit für die Partei. Im zweiten Schritt könne man die eigene Position dann 'sachkundig und ausführlicher' darstellen."

(...) Weil falschverstandenwerden wirklich furchbar ätzend ist, gibt es dann genug, die automatisch Mitgefühl mit der "armen AfD" haben, die gar keine Chance kriegt und immer falsch dargestellt wird. Gerade Leute, die diese Erfahrung selbst schon gemacht haben, werden dadurch angesprochen. Und bei der Emotionalität, mit der Debatten in den letzten Jahren geführt wurden, bin ich mir ziemlich sicher, dass so gut wie jeder schon mehrfach von irgend einem Extremisten aus egal welcher Richtung als Extremist der Gegenseite bezeichnet wurde. Oft genug kriege ich diese Diskussionen in den Kommentaren meiner Comics mit.

Und genau damit wird eine Ebene von Verbundenheit mit Parteien oder Menschen wie der AfD erzeugt. Es entsteht das Gefühl: Denen passiert dasselbe wie mir! Ich sage was, irgendwer versteht mich – vielleicht sogar absichtlich – falsch und stellt mich hin wie das allergrößte Arschloch. Man fühlt sich hilflos, insbesondere wenn dann noch andere Menschen dazukommen und diese Sicht übernehmen: Schaut euch das Arschloch da an! Das ist eins der schrecklichsten Gefühle für Menschen, weil wir eben soziale Tiere sind und die Herde und Gemeinschaft enorm wichtig sind. Das Gefühl, sozial ausgegrenzt zu werden, löst auf gewisser Ebene Todesangst aus, selbst wenn es nur so etwas lächerliches ist wie eine Diskussion in einer Kommentarspalte. Früher bedeutete Ausgestoßenwerden eben Tod.

Die AfD wird so auch zur Identifikationsfigur, sie verkörpert einen gewissen Schutz vor diesem Ausgestoßenwerden. Denen passiert das, aber sie geben nicht klein bei! Die wehren sich! Dass das nur Schein ist, geht dabei unter. Denn die AfD ist eben nicht Opfer dieses Mechanismus, sie macht das strategisch, es ist ihre Politik. Es geht genau darum, diesen Eindruck zu erwecken, das scheinbare Missverstandenwerden. Die AfD ist nicht die "einfache", "gradlinige" und vielleicht etwas "politisch naive" Partei, die gute Absichten manchmal versehentlich etwas missverständlich formuliert und dann von „dem System“ gnadenlos dafür fertiggemacht wird. Die AfD verarscht ihre Wähler und manchmal, zugegeben, auch den ganzen Rest. Wenn Missverstandenwerden gezielt eingesetzt wird, dann ist es eben kein Missverstandenwerden sondern Manipulation.

Die AfD ist nicht "wie ihr" und "die Partei des kleinen Mannes", der einfach nicht die Energie dafür hat, jede akademische Begriffsänderung zu verfolgen um bloß niemals das Falsche zu sagen. Die AfD weiß sehr genau um die Bedeutung jedes ihrer Worte und nutzt das Spiel mit den Worten und ihrer Bedeutung. Die meisten Leute haben auf diese Manipulation keine Lust und reagieren nur noch genervt. Aber selbst das verkauft die AfD noch in ihrem Sinne als "Niemand will mit uns reden!"

Ja gut, was soll man machen? Letztlich zieht diese Masche immer, denn notfalls führt man sich eben so lange so unmöglich auf, bis das Gegenüber schon fast gezwungen ist, irgendwas zu sagen. Man kann über die AfD reden und ihnen damit Aufmerksamkeit geben oder man kann die AfD ignorieren und reden lassen und damit den Eindruck erwecken, das sei schon alles ganz okay, was da so gesagt wird, selbst wenn noch so sehr provoziert wird.

Ändern können nur die Leute etwas, die zum AfD-Wählerkreis gehören. Die sind diejenigen, die entscheiden müsen, ob sie die Inhalte der Partei gut finden oder ob es das Image der Patei ist, das sie anspricht. Ist es das Image, kann ich nur raten, sich die Mechanismen genau anzusehen, wenn demnächst wieder einmal ein AfD-Politiker oder ein AfD-Statement Schlagzeilen macht und zu überlegen, wie die Aussagen wohl wirken, wenn man nicht davon ausgeht, dass die AfD missverstanden wird, sondern sich zuvor überlegt hat, dass "provokante Aussagen unerlässlich" sind.




4. Die geschlechterpolitische Initiative Gleichmaß macht aufmerksam auf eine knapp anderthalbstündige Sendung von MDR 1 Radio Sachsen, in der es darum geht, wie Männer in unserer "gleichberechtigten" Gesellschaft inzwischen zu kurz kommen.



5. Die Bloggerin "Anne Nym" nennt eine Reihe von Punkten, mit denen Feminismus Frauen beruflich schadet.



6. Aktuelle Schlagzeile im britischen Independent: Men call Sweden's mansplaining hotline to mansplain why they don't like it:

One operator said she took calls almost exclusively from men and many talked for a 'very, very long time', stopping other callers from getting through.


Man sieht: Gewaltfreier Widerstand gegen Sexismus kann erfolgreich sein. :-)

Zu diesem Thema passt ein Blogbeitrag Dushan Wegners:

Denken wir einmal weiter: Was wird passieren, wenn Männer von Frauen lernen, aber Frauen das Dazulernen von Männern als "mansplaining" ablehnen? Richtig: Der Vorsprung der Männer wird größer.


Hier geht es weiter.



7. In Australiens Schulen haben Jungen inzwischen aufzustehen und häuslicher Gewalt abzuschwören, während die Mädchen sitzenbleiben und zuschauen müssen. Der liberale Politiker David Leyonhjelm protestiert gegen diese sexistische öffentliche Beschämung.



8. Eine feministische Filmemacherin, die eine Dokumentation über männliche Opfer häuslicher Gewalt dreht, bekommt mit anderen Mitgliedern ihrer Bewegung Probleme:

One of the consistent challenges I faced throughout the making of this film was the fact that people don’t want to talk about the vulnerability of men, by making a gender inclusive statement of what victims of domestic violence, sexual assault and child sexual abuse, I made people really uncomfortable to the point of rejection of the idea and, of course, my film.

(...) Another challenge was dealing with misandry disguised as feminism, women who, not only reject the idea of men being victims of any sort, but hated the fact that I was talking about the facts and bringing the statistical data into the conversation – leading to their verbal attacks towards my person and my film.


Kommt einem irgendwie bekannt vor, nicht?

Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir die Fakten letzten Endes bekannt machen werden. Aber genauso wenig Zweifel habe ich, dass viele Feministinnen dagegen ankämpfen werden bis zur letzten Patrone.

Der Film steht hier online und kann mit einer Bewertung unterstützt werden.



9. Wohin der Kampf sowohl von Feministinnen als auch von anderen reaktionären Kräften gegen Pornographie führen würde, war doch eigentlich vorauszusehen: Großbritannien droht eine Zensur von Internet-Videos, die "nicht-konventionelle sexuelle Handlungen" zeigen.

The censorship regime has led to bizarre understandings between the producers and regulators, Barnett said. One is the "four-finger rule", which limits the number of digits that can be inserted into an orifice for sexual stimulation.

Even some who back age verification questioned such strict censorship. "It’s mad that we regulate such material that aren’t even criminal acts," said Prof Clare McGlynn, an expert on pornography laws at Durham University and co-founder of the Centre for Gender Equal Media.




10. Die Post. Nachdem ich gestern darüber berichtet hatte, wie Frauenministerin Schwesig zunächst noch in homöopathischer Dosis und offenbar zähneknirschend männliche Opfer häuslicher Gewalt zur Kenntnis nimmt, schreibt mir einer meiner Leser:

So langsam wurde es ja auch Zeit. Man hat Frau Schwesig die Tatsachen oft genug um die Ohren gehauen. Allerdings ist ihr Schluss, man bräuchte mehr Frauenhäuser, schon wieder ein Eigentor.

Nett, dass Sie auf die Studie der evangelischen Kirche verlinken. Auch die ist leider nicht frei von Vorurteilen gegen Männer, bzw. von der Darstellung, dass Männergewalt überwiegt. Das erste Balkendiagramm ist so gezeichnet, dass Männergewalt wesentlich höher erscheint als Frauengewalt. Während Frauengewalt gerade mal 2,5 Linien ausfüllt, füllt die Männergewalt 6,5 Linien. Ein alter Trick in der Statistik, einen Ausschnitt oder auch ein Zeitfenster so zu wählen, dass ein bestimmter Eindruck (der hier sogar dem Ergebnis der Untersuchung widerspricht) vermittelt wird. (1. Semester Statistik, wie man es nicht machen soll ;-))

Sicher, die Zahlen sagen etwas anderes, aber beim Überblick ergibt sich das alte Bild, Männer sind die hauptsächlichen Täter. Außerdem entwertet die Aufteilung in religiöse und atheistische Täter die Untersuchung dann doch etwas, da ja insgesamt die Zahl der Probanden sehr gering ist. Die Aussage, dass Christen die besseren Menschen seien als Atheisten, scheint mir doch etwas gewollt. Schade, dass es nichts Besseres gibt.

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