Mittwoch, Juli 13, 2016

Vermischtes vom 13. Juli 2016

1. Auch Lucas Schoppe erörtert jetzt das vom Bundestag verschärfte Sexualstrafrecht: "Dass es keine einzige Gegenstimme gab, ist rätselhaft.". Wir haben zwar schon viele Artikel zu diesem Thema gelesen, allerdings finde ich diesen neuen Beitrag so brillant argumentiert, dass ich ihm trotzdem den Spitzenplatz in den heutigen News gegeben habe. In einer vernünftigen Welt würe ein Artikel mit dieser Qualität beispielsweise auch in der ZEIT erscheinen, statt nur in einem von unseren Blogs.



2. Die Feministin Julia Schramm fabuliert an der Berliner Humboldt-Universität von einem Zusammenfinden der Männerrechtler mit der sogenannten Identitären Bewegung (einer Bewegung, die so knallrechts ist, dass sich sogar die AfD-Jugend von ihr distanziert). Belege für ein angebliches Überschneiden dieser komplett unterschiedlichen Bewegungen werden in einem entsprechenden Beitrag Cornelius Wiillenkempers für den Deutschlandfunk allerdings keine genannt:



"Ich bin keine Rassist, aber..." - dieser Satz, der eigentlich immer schlecht endet, steht laut Michael Brumlik konstitutiv für das ideologische Gerüst der Neuen Rechten und der Bewegung der sogenannten "Identitären". Diese sehen sich selbst eben nicht als Rassisten, da ihre Idee eines "Ethno-Pluralismus" ausdrücklich jedem "Volk" seine genetische und kulturelle Existenzberechtigung zuspricht, dabei aber jede Form der "Vermischung" als "Verrat am Volk" ablehnt. Alles, was dieser Auffassung des "Völkischen" widerspreche, werde von der Neuen Rechten bekämpft, so Julia Schramm, Ex-Piratin und heute Referentin der Amadeu Antonio Stiftung für Zivilgesellschaft und demokratische Kultur. Dazu gehören neben Homosexualität auch der Feminismus und eine multikulturelle Gesellschaftsstruktur.

"Das Erstaunliche und das Gefährliche ist, dass das sehr viel Anklang findet. Wir haben in den sozialen Medien momentan verschiedene Formen von Ressentiments. Beispiel: die Männerrechtler. Die kommen in den meisten Fällen gar nicht aus einer klassisch rechten Ecke, und die treffen jetzt auf Kader von den Identitären und plötzlich amalgamiert das zusammen. Vor eineinhalb Jahren war das große Narrativ die Abwehr, also dieses 'wir müssen uns schützen', und mittlerweile hat sich das geändert und wir sind an dem Punkt, an dem es um den Staatsumsturz geht."


Weiß irgendjemand, wer von uns den "Staatsumsturz" plant, von all den anderen Phantasmen einmal abgesehen? Alles, wovon diese Frau da spricht, muss mir komplett entgangen sein.



3. Thomas Gesterkamp kommt offenbar nicht mehr umhin, sich den Positionen von uns Männerrechtlern inhaltlich anzunähern, auch wenn er zugleich weiterhin versucht, Abstand zu halten. In einem Artikel für den Freitag spricht er inzwischen davon, dass auch Männer Diskriminierungen erfahren, männerpolitische Anliegen kein bloßes Anhängsel der Frauenförderung sein dürfen, dass bislang sogar feministische Männer kaum eigene Anliegen vorbringen dürfen und das "Täter-Opfer-Schema" (Opfer-Abo) des Feminismus überwunden werden müsse. Gesterkamp führt weiterhin aus:

Im Gegensatz zur österreichischen Situation, wo die Grundsatzabteilung isoliert im Sozialministerium platziert wurde, ist das deutsche Männerreferat fest integriert in die Abteilung Gleichstellungspolitik im Familienministerium. Die strukturellen Voraussetzungen für einen geschlechterpolitischen Dialog sind also gegeben, ein produktiver Austausch mit der Frauenpolitik könnte beginnen. Doch gibt es dafür genügend Spielräume in einer eher unbeweglichen Behörde? Auf jeden Fall brauchen die interessierten Akteurinnen und Akteure in den Institutionen zivilgesellschaftliche Unterstützung von außen.


Im wesentlichen ist das eine verklausulierter formulierte Kritik an unserem Frauenministerium, die ich seit Jahren vertrete, und es würde mich freuen, wenn ich dazu beigetragen haben sollte, Gesterkamp gedanklich in Bewegung zu setzen. Er könnte sich allerdings noch ein bisschen mehr trauen. Immerhin weist Gesterkamps Formulierung "ein produktiver Austausch mit der Frauenpolitik könnte beginnen" darauf hin, dass dieser Austausch selbst aus Sicht des Bundesforums Männer, dem Gesterkamp nahesteht, noch gar nicht begonnen hat! Die Botschaft lautet: Wir würden ja gerne, aber das erstarrte System lässt uns nicht.

Vielleicht weil Gesterkamp das feministische Lager irgendwie befrieden muss, äußert er sich zu unserer Bewegung, obwohl er eben noch zivilgesellschaftliche Unterstützung eingefordert hat, zwiegespalten:

Einige der Themen, die von Männerrechtlern ständig skandalisiert werden, sind in der Tat brisant – auch wenn die abenteuerliche maskulinistische Interpretation, schuld daran sei ein "feministischer Gouvernantenstaat", alles andere als gesprächsbereit daherkommt.


Naja, es ist eine These, die gut belegbar ist. Das Thema der "Gesprächsbereitschaft" ist indes durchaus interessant. Ich werde darauf in ein paar Wochen hier auf Genderama noch ausführlich eingehen.

(Und unsere Bewegung positioniert sich natürlich "maskulistisch", nicht "maskulinistisch". Das ist ein Unterschied, der beständig verwischt wird)

Während ich hier mit meiner gewohnten Gutmütigkeit immerhin eine Entwicklung in die richtige Richtung sehe, wird Gesterkamp in einem der ersten Leserkommentare unter dem Artikel scharf kritisiert.



4. In dem Artikel Wenn Väter nicht zahlen der Badischen Zeitung findet Thomas Walker, dass der Staat säumigen Unterhaltszahlern "viel hartnäckiger als bisher zu Leibe rücken" solle. Als Beleg dafür, dass hier tatsächlich ein erheblicher Misstand besteht, dient ihm Schwesigs Forderung nach einem Führerscheinentzug für diese Menschen:

Dass Schwesig ein so drastisches Mittel ins Gespräch bringt, zeigt, wie gravierend das Problem ist.


Solche Journalisten kann man sich als Politiker doch nur wünschen, oder? Ob irgendetwas der Fall ist oder nicht wird dadurch bewiesen, dass ein Politiker irgendwas fordert. Großartig.

In einem Bundestagsantrag der FDP aus dem Jahr 2006, der mir heute zugesandt wurde, heißt es übrigens:

In Repräsentativumfragen gaben ca. 26 Prozent der kindesunterhaltsberechtigten Frauen mit minderjährigen Kindern an, keinen Kindesunterhalt von den Vätern zu bekommen. (...) Von den kindesunterhaltsberechtigten Männern erhalten sogar ca. 84 Prozent den Kindesunterhalt nicht.


Aber ein Artikel mit der Überschrift "Wenn Mütter nicht zahlen" ist für populistisch ausgerichtete Zeitungen natürlich kaum denkbar.



5. In der Frankfurter Allgemeinen liest man im Teaser eines Beitrags von Winand von Petersdorff-Campen:

"Boomerang Kids" heißen die jungen Menschen, die zu ihren Eltern zurückziehen. Sie werden immer zahlreicher. Und die Männer haben daran Schuld.


Ja, natürlich, warum ausgerechnet daran nicht? Und zwar deshalb:

Im goldenen Jahr 1960 waren 84 Prozent der jungen Männer in Lohn und Brot. 55 Jahre später waren es nur noch 71 Prozent. Dazu kam, dass die Löhne der jungen Männer sich seit 1970 im Abwärtstrend befinden, besonders signifikant sind sie zwischen 2000 und 2010 gesunken, notiert Pew Research.

Ihr wirtschaftlicher und sozialer Abstieg hat aber zugleich ihre Aktien an der Heiratsbörse abstürzen lassen und damit zu jener Veränderung bei der Heiratswilligkeit beigetragen. Für junge Frauen dagegen stellt sich die Realität anders da: Ihre Löhne und ihre Beschäftigungsquote steigen seit den sechziger Jahren beständig, zugleich leben sie trotzdem häufiger bei ihren Eltern als früher. Hier ist die These, dass sie lange keine geeigneten Männer finden.


Ich lasse den gedanklichen Amoklauf dieses Artikels den Leser kommentieren, der ihn mir zusandte und der die Argumentationslinie des Beitrags schon "spektakulär absurd" findet:

Also wenn ich das richtig verstehe ist das so: Die Einkommen der Frauen gleichen sich denen der Männer an, was ja gut und überall gefördert und gefordert wird. Und dadurch finden Frauen keine Partner mehr. Warum eigentlich? Weil sie nicht bereit sind, mit einem Partner zusammen zu sein, der weniger als sie verdient? Und Schuld sind daran die Männer. Genau.


Wenn Männer ans Geldverdienen denken und die Ernährerolle übernehmen, sind sie aus feministischer Sicht scheiße, erfüllen sie diese Erwartungen nicht mehr, sind sie aus Sicht so ziemlich aller Frauen scheiße. Verdienen Männer mehr als Frauen, sind sie schuld an der Unterdrückung der Frau, verdienen sie nicht länger mehr als Frauen, sind sie Schuld an der wachsenden Einsamkeit in unserer Gesellschaft und dem Verfall der Familie. Es ist irre. Egal was sie tun, Männer sind eigentlich immer irgendwie minderwertig in unserer bekanntermaßen himmelschreiend frauenfeindlichen Gesellschaft.



6. Mädchen aus bildungsfernen Haushalten profitieren von der Arbeitslosigkeit ihres Vaters, Jungen hingegen nicht. Warum ist das so? rätselt Tobias Kaiser, Wirtschaftsredakteur der WELT.



7. Kann man bei seelischen Problemen von typischen "Männerstörungen" und typischen "Frauenstörungen" sprechen, fragt Spektrum der Wissenschaft.



8. Es gibt mal wieder ein neues Urteil in einem Kachelmann-Prozess. Der Springer-Verlag muss für seine Art, mit Kachelmann umzugehen, eine Summe zahlen, die zunächst hoch klingt, sich aber deutlich unter den Vorstellungen von Kachelmann und seinen Verteidigern bewegt, weshalb erwartet wird, dass beide Prozessparteien in die nächste Instanz gehen:

Kachelmanns Anwalt Ralf Höcker bezeichnete die vom Gericht angedachte Entschädigungssumme als zu niedrig. "Das sind Beträge, über die die Beklagte (Springer) lacht", sagte er. Damit von dem Verfahren eine präventive Wirkung ausgehe, müsse die Entschädigung dem Springer-Konzern weh tun. "Objektiv war diese Berichterstattung darauf angelegt, Herrn Kachelmann zu zerstören."




9. Na so was: Die SPD verliert so viele Mitglieder wie keine andere Partei.



10. Bekanntlich kommt dieser Tage ein neuer "Ghostbusters"-Film in die Kinos, bei dem das beliebte Team durchgehend durch Frauen ersetzt wurde. Der Trailer dieses Films auf Youtube wurde der am schlechtesten bewertete Trailer aller Zeiten. Dahinter könne nur Frauenfeindlichkeit stecken, tobten viele Feministinnen und waren damit in den Medien durchaus erfolgreich. Beispielsweise erklärte das Newsmagazin "Time", das früher erfrischend unparteiisch, seit neuestem aber auch auf einem dezidiert feministischen Trip ist, der neue Ghostbuster-Film sei gerade wegen der "frauenfeindlichen" Reaktionen ein absolutes "must-see". Der Kinobesuch sollte hier praktisch als politisches Signal dienen. Auch die Washington Post schlagzeilt: Going to see the all-female ‘Ghostbusters’ is now a political act.

Inzwischen zeichnet die Internet Movie Database ein erstes Stimmungsbild der Kinobesucher. Sie geben dem Film im Durchschnitt 3,8 von 10 möglichen Punkten. Damit liegt der Streifen beispielsweise deutlich unter dem nach allgemeiner Ansicht grotesk misslungenen Fantastic-Four-Film von 2015, der schlechtesten mir bekannten IMDB-Bewertung eines als Blockbuster angelegten Kinofilms, sowie ebenso deutlich unter der Bewertung des Films The Human Centipede, zu dem ich mir wohl jede Erläuterung sparen kann. Normalerweise gelten schon Filme unter einem Durschnittsrating von 5,0 auf der IMDB als jenseits von Gut und Böse. Auch die Chicago Sun Times, immerhin Plattform des kürzlich verstorbenen Kinokritik-Papstes Roger Ebert, spricht bei dem Ghostbusters-Film von einer "horrifying mess". Begeistert hingegen sind der feministische Guardian, wo die Kritiker des Films als "Trolle" gelten, und natürlich das Magazin Time.



11. Abschließend: Von den Leuten, die die Internationale Konferenz der Männerrechtler in London besucht haben, liegen mir inzwischen geradezu euphorische Rückmeldungen vor. Auch darüber wird in den nächsten Wochen noch ausführlicher zu berichten sein.

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