Samstag, Januar 23, 2016

Vermischtes vom 23. Januar 2016

1. Warum leitet eine transsexuelle Frau eine Männerrechts-Gruppe? Niko Bell stellt Theryn Meyer vor – und fügt hinzu:

And remarkably, Meyer is not alone. Blaire White, a 22-year-old computer science major and trans woman from the tiny Sierra Nevadas town of Chico, California, is also a rising star in the men’s rights movement. On Twitter, she discusses the effects of her estrogen treatment, her boyfriend and how feminism is a cancer. One of her YouTube videos, about her classmates in a psychology class laughing at a male abuse victim, has nearly 200,000 hits.

Meyer and White agree their criticisms of feminism, and support for MRAs, did not develop despite being transgender but because of it. White says after living part of her life as a man and part as a woman, she believes she unequivocally receives more societal privilege as a woman than a man. She says as a woman people are kinder, care more about her feelings, and are more willing to sacrifice on her behalf.

"I’ve been able to first-hand empirically experience the way people treat you and the experiences you have, and the difference in life," she says. "There’s an age-old conversation about where the grass is really greener. I think trans people can really answer that question."

Meyer shares White’s view that trans women are abused and criticized not because of their apparent femininity but because they are seen as "failed men." She thinks transphobia against trans women stems from the hatred of men who do not live up to strict social standards of maleness — in her words, misandry.

(...) "I don’t get male privilege now; I get female privilege," White says. "I think we have to challenge this narrative that always puts women into a victim status and men into an oppressor status."




2. Köln: Mehr Sachlichkeit, bitte! fordert die Strafrechtsprofessorin Monika Frommel im liberalen Magazin "Novo". Ein Auszug ihrer Analyse:

So erleben wir etwa aktuell eine sich feministisch dünkende Schutzlückenkampagne gegen sexuelle Gewalt. Köln ist auch die Heimat von Alice Schwarzer. Deren Kommentare, in denen sie die "Folgen der falschen Toleranz" gegenüber Einwanderern kritisiert, sind alles andere als eine offene, Probleme diskutierende Analyse. Was ist mit dem Frauenbild junger Männer, die gerne randalieren? Auch deutsche Intensivtäter haben ein verkorkstes Verhältnis zu ihrer Männlichkeit und demonstrieren Dominanz statt Selbstkontrolle. Es ist marginalisierte Männlichkeit, die zu solchen Demonstrationen einer Macho-Unkultur greift. Der Zusammenhang ist nicht neu und sicher kein gesondertes Problem bestimmter Schichten und Ethnien. Diese Unkultur betrifft aber auch keine Mehrheiten mehr, wie jetzt von einigen suggeriert wird.

Die Zeiten sind längst vorbei, in denen Frauen ständig das Thema "Gewalt gegen Frauen" vor sich her tragen mussten. Auch der Dümmste weiß mittlerweile, dass das verboten ist und geahndet wird. Dass hier einige besonders Ignorante mit der Kölner Polizei Schlitten fahren konnten, ist sehr ärgerlich, aber auch ungewöhnlich, sonst hätten die Medien nicht so nervös reagiert, wie sie es nun einmal haben. Dennoch sind einige der Reaktionen teilweise lächerlich. Die Grünen fordern ein neues Sexualstrafrecht, als wenn es daran gelegen hätte. Justizminister Heiko Maas (SPD) twittert ähnlich. Die Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Beamte, als wenn eine höhere Zahl die Umsetzungsprobleme löse. Die Politik ruft nach schärferen Gesetzen und Psychologen tun so, als hätten fast "alle Migranten" ein Problem im Umgang mit einer freizügig normierten Sexualität.




3. In der Neuen Zürcher Zeitung hat Philippe Wampfler noch einige Anmerkungen zu den Diskursen nach der Kölner Silvesternacht zu machen:

Es ist medienethisch verwerflich, Vorurteile zwecks finanziellem oder politischem Nutzen zu bedienen. Köln zeigt sexualisierte Gewalt – nicht aber das "Wesen" bestimmter Menschen, die Falschheit politischer Entscheide oder Manipulationen der Medien. Das Ausblenden sozialer, lokaler und kultureller Wirklichkeiten zugunsten grosser Narrative ist verführerisch, aber sinnlos.

Der "arabische Mann" ist ein Konstrukt. Man braucht stattdessen nur den "christlichen Mann" zu setzen. Zudem entspricht es dem Konsens sozialwissenschaftlicher Forschung. Menschen handeln nicht identisch, weil sie verwandte Sprachen sprechen oder in Gebieten mit ähnlicher Religion aufwachsen – auch wenn solche Vereinfachungen in pseudowissenschaftlicher Rhetorik angeblich statistisch belegt werden. Flüchten ein tunesischer IT-Student, ein syrischer Gemüsehändler und ein pakistanischer Lehrer nach Deutschland, handelt es sich um drei unterschiedliche Männer mit verschiedenen Erfahrungen. Warum diese Differenzen verwischen?

(...) Wird behauptet, es kämen moralisch festgefahrene, ungebildete und unqualifizierte Männer nach Europa, werden nachweisbare Entwicklungspotenziale ausgeblendet. Der Kriminologe Christian Pfeiffer hat seit 1998 türkischstämmige Jugendliche befragt, ob ein Mann seine Frau schlagen dürfe, wenn sie ihn betrüge. Stimmten dieser Aussage zunächst 41 Prozent uneingeschränkt zu, so hat sich dieser Anteil bis heute auf 11 Prozent reduziert.

Diese Perspektive fehlt in den meisten Kommentaren zur Silvesternacht. Konstruktive Vorschläge, wie Männer, denen moralische Defizite vorgehalten werden, umfassend gebildet und integriert werden können, fehlen fast ganz. Stattdessen werden sie auf Vertreter rückständiger Gesellschaftskonzepte reduziert, die sie zu einer Bedrohung machen.




4. Mit den passenden Worten Sag dem Rechtsstaat leise Servus kommentiert die Berliner Kanzlei Dr. Schmitz & Partner Irrsinn, den Katja Kipping (Die Linke) vor einigen Tagen in einer Bundestagsdebatte äußerte:

So kommt es nur bei jeder zehnten angezeigten Vergewaltigung überhaupt zu einer Verurteilung. Das heißt, neun von zehn Frauen, die den Mut aufbringen, eine Vergewaltigung anzuzeigen, müssen erleben, dass der Täter straffrei davonkommt


Die Juristen sprechen von einer intellektuellen Blamage, die einen beängstigen kann, wenn man sich vor Augen führt, dass Menschen wie Kipping an Abstimmungen zu wichtigen Entscheidungen über Deutschlands Politik beteiligt sind. Und damit haben sie Recht. In Katja Kippings Welt kommen Falschbeschuldigungen nicht vor, während ich sie fast täglich auf den Schreibtisch bekomme: gestern zum Beispiel mit Meldungen aus Fulda und aus Mönchengladbach.



5. In England wurde ein Mann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Trotzdem muss er die Polizei 24 Stunden, bevor er Sex hat, darüber informieren. Falls er das versäumt, drohen ihm fünf Jahre Knast. Die BBC berichtet.



6. Die kanadische National Post berichet über ein Gerichtsurteil, das zur Redefreiheit auf Twitter beiträgt:

Gregory Alan Elliott was cleared of two charges of criminal harassment that stemmed from his Twitter interactions with two Toronto women’s rights activists. (...) People must "tolerate the annoyance" of oppositional views as part of that Charter right, "One man’s vulgarity is another man’s lyric," he said.

The judge also noted a lack of "reasonableness" in Guthrie’s assertion she could expect to use Twitter to make negative comments about Elliott and not be exposed to his response or self defence.

(...) A group of supporters around Guthrie and Reilly heaved a few loud sighs of disappointment when judge said not guilty. During a break in the verdict — which took over three hours to read — supporters gathered around both women, sharing long faces and longer hugs.

(...) Criminal harassment carries a maximum sentence of 10 years in prison.




7. In einer aktuellen Meldung geht es um den früheren sexuellen Missbrauch eines jetzigen Pop-Stars durch eine Frau: R. Kelly – Schock-Geständnis: Von Verwandter vergewaltigt schlagzeilt das "OK!-Magazin".

8. Ein bekannter Mediävist veröffentlicht in seinem Blog einen Beitrag, der den Feminismus kritisiert. Das führt zu einigem Aufruhr und Vorwürfen des "Frauenhasses".

9. Off-topic: Die "Welt" ist beim Flüchtlingsthema derselben Auffassung, wie ich sie vor ca. einer Woche auf Genderama äußerte: Das Gejammere schlägt jetzt in destruktiven Pessimismus um. Selbst von mir verwendete Vergleiche wie "zombiehaft" und "Apokalypse" fallen.

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