Sonntag, Mai 25, 2014

Junger Mann begeht Massaker, Männerrechtlern und Verführungskünstlern wird Schuld gegeben

In Kalifornien hat ein Student vorgestern sechs Menschen getötet, vier Männer und zwei Frauen. Danach brachte er sich selbst um.

In der maskulistischen Bloggerszene berichtet Emannzer, wie diese Tat von feministischer Seite unter dem Label "Gewalt gegen Frauen" ausgeschlachtet wurde, noch bevor die Leichen kalt geworden sind. (Siehe dazu auch ausführlich die Süddeutsche Zeitung.)

Gleichzeitig sagt bei Geschlechterallerlei der Blogger "zuerstmensch" voraus, dass dieser Amoklauf mit Sicherheit für eine Frontalattacke auf Männerrechtler genutzt werden wird, weshalb er sich jetzt schon mal vom Bloggen zurückzieht.

Seine Befürchtung ist begründet: In den USA hat diese Instrumentalisierung längst begonnen. Elliot Rodger, Gunman in California Mass Shooting, was influenced by the "Men's Rights Movement" heißt bereits ein Artikel, wo es erklärend heißt:

The Men's Rights Movement as they call themselves is a nebulous group of pickup artists and misogynists who've found each other on line, and are attempting to create a movement based around their hatred, disdain, and fear of women.

We know for a fact that Rodgers was influenced by this movement, as he is subscribed to multiple "pick up artist" or "mens rights" channels on YouTube. (...)

He is what the Men's Rights movement calls an "Incel" which is short for involuntary celibacy.


Ist das nicht großartig? Der junge Mann verkörpert gleich drei der Themen, zu denen ich selbst schon geschrieben habe: die Männerrechtsbewegung, Pick-Up und Menschen ohne Beziehungserfahrung. Ich frage mich, ob meine Nachbarn noch ruhig schlafen können. Wenn der Typ jetzt noch ein SM-Faible gehabt hätte...

Der zitierte Artikel - dessen Inhalte bereits andere Medien wie der britische Guardian übernehmen - rührt all diese unterschiedlichen Lager, in denen junge Männer heute nach Orientierung suchen, zusammen, um den angeprangerten Gruppen daraufhin vorzuwerfen, sie würden nicht ausreichend auf Distanz zueinander achten. So wirft der Beitrag der Männerrechtsbewegung ebenso wie den Pick-up-Artist pauschal vor, das Bild des "wahren Alpha-Mannes" zu propagieren, worauf die aktuellen Untaten basierten.

Die Männerrechtler, mit denen ich zusammenarbeite, propagieren dieses Bild nicht. Im Gegenteil: Wir halten es für schädlich, weil es einen daran hindert, sich mit männlichen Opfer- und Diskriminierungserfahrungen auseinanderzusetzen. Dafür werden wir von Männern, die dieses Bild des kernigen Ultra-Mannes tatsächlich predigen, als "Pussys" angegriffen.

In vielen Pick-up-Ratgebern wiederum, die ich für meine eigenen Veröffentlichungen in diesem Bereich studiert habe, werden als "Alphas" gerade nicht die aggressiven, gewaltbereiten Männer bezeichnet. Diese gelten als "Betas". Als "Alphas" bezeichnen viele Pick-Upper stattdessen Männer, die Konflikte souverän und elegant lösen, statt wegen jedem Mist gleich auszuflippen. In meinem aktuellen Ratgeber Das Gesetz der Eroberung habe ich auch eine evolutionsbiologische Kritik am Kult anderer Pick-Upper um den "Alpha"-Mann dargestellt.

Im übrigen war Elliott Rodgers vor dem von ihm begangenen Massenmord offenbar auch auf einer Seite von Pick-Up-Hassern akriv gewesen, wo Frauenfeindlichkeit besonders stark geblüht habe. Das alles führt eher zu dem Bild eines Mannes, der sich in seiner Verstörtheit ganz unterschiedlichen Lagern zugewendet hat, um irgendwo die Lösung zu finden. Selbst Menschen ohne sexuelle Erfahrung schien er als potentiell revolutionäre politische Kraft wahrzunehmen:

The SPLC also pointed out that Rodgers considered himself a part of a group calling themselves ‘incels’ — involuntary celibates — and spoke of a ‘incel revolution,’ writing “One day incels will realize their true strength and numbers, and will overthrow this oppressive feminist system. Start envisioning a world where WOMEN FEAR YOU.”


Schon vor zehn Jahren, als ich über Menschen ohne Beziehungserfahrung recherchiert habe, fühlten sich diese Menschen, insbesondere die Männer dort, dadurch gebrandmarkt, dass es in Medienberichten über Amokläuft häufig heißt, der Betreffende habe noch nie eine Freundin gehabt. Sehen mich "normale Menschen" als potentiellen Amokläufer? fragte sich so mancher von ihnen.

Ich glaube allerdings, mit Jungfrauen und mit Verführungskünstlern würde eine derartige Angstpropaganda nicht funktionieren. Männerrechtler taugen da schon viel mehr als Feindbild. Gegen diese Aktivisten wird ja auch schon seit einiger Zeit entsprechende Propaganda gefahren.

Zu dem aktuellen Massaker und den daraufhin erfolgten Attacken auf die Männerbewegung äußerte sich auch die männerpolitische Website A Voice for Men. Ein Auszug:
Anybody with any sense can tell you that non-feminist people number in the billions, and that all moral generalizations about them are simply irresponsible. They are not an organization, not a "movement", but simply a demographic – and incidentally, the majority of the human race. As such, they make a cross-section of human nature. Let that be noted. But mark my words, the feminist Establishment will capitalize on this tragedy to slander the majority of the human race – the part that is not feminist.

(...) We have no evidence yet that Elliott Rodger was anything but apolitical in regard to feminism as such. He was not outspoken about feminism, and he apparently had nothing to say about male human rights in an ideological way. He was by no stretch an intellectual with an "analysis". He was only a sexually frustrated chump with mental issues, who apparently "hooked up" with PUA literature, and websites like "the Manhood Academy".

And yet, the feminist journal Daily Kos deliberately links Elliott Rodger with anybody, anywhere, who dares to speak his or her mind critically about feminism. How do they do it? Simple. They tag Rodger and his activities with the label "men’s rights". In the minds of the Daily Kos audience, that is enough to justify a cultural lynching of the entire politically activated non-feminist population. Chillingly simple, isn’t it?


Für mich als Medienwissenschaftler ist dieser Fall einer von zahllosen Fällen, in denen man in den Hinterlassenschaften oder der Lebensgeschichte eines Verbrechers irgendetwas fand, das einen ohnehin störte, um dies dann zu benutzen, zahllose unbescholtene Menschen damit anzugreifen. Wir haben das in den unterschiedlichsten Varianten erlebt, von Heavy-Metal-Musik über SM-Vorlieben und Computerspiele bis zu Neil-Gaiman-Comics. Männerrechtler (und Männer im allgemeinen) sind für viele Menschen aktuell nun einmal der Sündenbock Nummer eins.

Bei den stramm konservativen Fox News hingegen sind homosexuelle Impulse an dem Massaker schuld.

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