Dienstag, Oktober 22, 2013

Neues Deutschland & Co.: "Schwedinnen oft gewalttätig"

Ein Genderama-Leser informiert mich heute über einen Artikel im Neuen Deutschland (leider nicht online), der unter der Überschrift "Schwedinnen langen zu" über die vor einer Woche hier auf Genderama verlinkte schwedische Studie zur häuslichen Gewalt berichtet, der zufolge etwas mehr Männer von Frauen in Partnerschaften misshandelt werden als Frauen von Männern. Dem Artikel zufolge sorge diese Untersuchung in Schweden "für eine hitzige Debatte". Während die Misshandlung von Männern "nichts Neues" sei – so gebe es etwa am St. Eriksplan in Stockholm gut besuchte Selbsthilfegruppen für misshandelte Männer – sei die hohe Zahl der Betroffenen überraschend. Weiter heißt es meinem Leser zufolge in dem Artikel: "In Schweden löste die Studie einen Sturm der Entrüstung bei Frauenrechtlern aus. Die Medien thematisierten das Thema mit der Berichterstattung falsch und setzten irreführende gesellschaftliche Signale, hieß es in zahlreichen Kommentarspalten." Auch Studienleiterin und Medizinprofessorin Gunilla Krantz habe davor gewarnt, Männer "voreilig" und "automatisch (...) in Opferrollen zu platzieren. Hinter den Zahlen lägen komplizierte Sachverhalte." Der Artikel endet mit zahlreichen Relativierungen der gegen Männer gerichtete Gewalt: So könne diese vielfach aus Gegenwehr erfolgt sein, Männer seien bei sexueller Gewalt noch immer überrepräsentiert, Frauen litten unter ihren Gewalterfahrungen psychisch stärker.

Einen kürzeren Artikel mit teilweise identischen Passagen, der im Gegensatz zu dem im Neuen Deutschland online steht, findet man hier unter der Schlagzeile "Schwedinnen oft gewalttätig". Offenbar liegt beiden Beiträgen dieselbe Agenturmeldung zugrunde. Bedenklich bleibt außer dem ideologisierten Umgang mit den Ergebnissen der Studie, dass die erwähnten Medien, wenn sie überhaupt darüber berichten, schon in ihren Überschriften den Eindruck erwecken, das Problem beträfe nur "Schwedinnen", und dass die berichtenden Journalisten nicht in der Lage sind, diese Studien in einen Zusammenhang mit vielen anderen, darunter deutschen Studien über die wahre Geschlechterverteilung bei häuslicher Gewalt zu stellen. Auch 35 Jahre nachdem die ersten Untersuchungen die annähernde Gleichverteilung der "Täterschaft" belegten, tun sich unsere Medien damit immer noch ungemein schwer.

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