Freitag, Januar 25, 2013

Brüderle-Debatte: Protest gegen die Einseitigkeit

Dass unsere Medien die Debatte um Rainer Brüderles angebliche Versuche, eine Journalistin anzubaggern, höchst einseitig führen, dürfte etlichen Betrachtern aufgefallen sein. Wenn etwa Spiegel-Online, das mit Autorinnen wie Silke Burmester und Sibylle Berg einerseits dem Sexismus eine breite Plattform bietet, solange er nur gegen Männer gerichtet ist, andererseits selbst die Bewertung, Angela Merkel habe einen "Frauenbonus", als unsäglichen Sexismus anprangert, sind die Maßstäbe ordentlich verrutscht. Die Unschuldsvermutung gilt für Brüderle gleich gar nicht mehr, und wo die traditionellen Medien jegliches Getwitter zitieren, das dem Versuch dient, Verhalten von Männern zum Skandal zu machen, werden die Meldungen im Twitter-Account Florian Brills ignoriert, der berichtet, am fraglichen Abend neben Brüderle gesessen und nichts von dem, was Himmelreich behauptet, mitbekommen zu haben. In der gestern bereits verlinkten Kommentarspalte eines Blogbeitrags von Christian Schmidt zu dieser Debatte findet man all dies und viele kluge Kommentare dazu.

Komplett irre ist, dass unentwegt so getan wird, von Männern ausgehender Sexismus werde in unserer Gesellschaft nicht ernstgenommen, während bereits der unbestätigte Bericht einer Journalistin über den angeblichen Anbaggerversuch eines Politikers ausreicht, die halbe Mediennation zum Glühen zu bringen und an diesem angeblichen Vorfall von Attacken auf die FDP insgesamt bis zum Fordern der männerdiskriminierenden Frauenquote alles mögliche aufzuhängen, was einem gerade in den politischen Kram passt. Männer, die sich ebenso energisch gegen diese Taktik verwahren, wie sie von manchen Frauen eingesetzt wird, sind wie immer Mangelware und abwägende statt hysterisierende Artikel selten. Einige wenige findet man in der Saarbrücker Zeitung, dem Hamburger Abendblatt und der Frankfurter Rundschau. Ein gestern veröffentlichter Artikel, in dem Kommentare von Focus-Online-Lesern zusammengestellt war, die sich gegen die Hysterisierung der Debatte wehrten (Überschrift: "FOL-Leser zu Sexismus-Vorwürfen: 'Rainer Brüderle ist kein Dominique Strauss-Kahn'") ist bereits vom Netz genommen worden, der Link dorthin führt inzwischen auf eine Fehlerseite.

Während also mal wieder fast alle Journalisten brav im Gleichschritt marschieren, bleibt sexuelle Belästigung von Männern durch Frauen wie üblich komplett ausgeblendet. Dabei gibt es auch über solche Vorfälle Berichte im Internet, man muss sie nur finden (wollen). Einer davon steht in der Kommentarspalte eines Blogbeitrags online, der sich dem aktuellen Mediengepolter rhetorisch anschließt. Der Kommentator "Thommy" schreibt dazu:

Harter Text. Aber so einseitig ist das Leben nicht.

Ich arbeite im Öffentlichen Dienst, die Mehrheit der Beschäftigten sind Frauen, bis in die Führungsspitze hoch. Hier ist zu beobachten, dass sich die Verhältnisse umkehren, je nachdem wer die Macht inne hat.

Ich bin ein Mann in einer mittleren Position, ich mache in der Regel Zuarbeiten, wenig Selbstständiges. Wenig Verantwortung. Und ich erfahre Belästigung andersherum.

Hier gibt es drei Frauen auf unserem Büroflur, die mir regelmäßig auf den Hintern hauen (wenn es nur Starren wäre würde es mich wahrscheinlich gar nicht stören), um die Taille fassen, anfummeln. Es passiert am Kopierer, am Postfach, wenn ich irgendwo am Türrahmen lehne. Und es stört mich. Ich habe es angesprochen und mehrmals zu hören bekommen, ich solle das als Kompliment auffassen und ob ich denn verklemmt sei, Männer mögen sowas doch.

Nein, tu ich nicht und ich verstehe jede Frau, die es andersherum auch nicht mag. Ich mag es nicht, ich möchte es nicht, aber es interessiert niemanden.

Die Ältere der drei verstieg sich einmal zu dem Satz "Jetzt wissense mal wie es uns Frauen immer geht." Was soll man darauf sagen, wenn man noch nie eine Frau belästigt hat? Man wird in Sippenhaft genommen, verantwortlich gemacht für etwas, was man nicht zu verantworten hat. Und ich leide drunter.

Ich habe den einzigen männlichen Vorgesetzten angesprochen, den es hier gibt und von ihm bekam ich zu hören, dass ich es lieber lassen soll, dagegen vorzugehen, weil ich mir eh keiner glauben würde. Außerdem würde ich mich lächerlich machen.

Da das Pogehaue nicht aufhörte, habe ich die Gleichstellungsbeauftragte angeschrieben, die laut ihrer Eigendarstellung für beide Geschlechter da ist. Sie glaubt mir nicht. Das schrieb sie wörtlich. Sie könne sich nicht vorstellen, dass es so etwas hier gibt, es klingt alles unglaubwürdig.

Meine scheiß Situation also: Ich habe keinen Ansprechpartner. Es interessiert keinen. Ich kann mich nicht wehren.

Und heute mache ich den Feedreader auf und lese nach einem sehr einseitigen Text den Satz "Mir kommen die Tränen, ihr Arschlöcher". Können Sie sich vorstellen wie ich mich fühle? Ich fürchte, nicht…

Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille. Frauen sind keine besseren Menschen, ich erfahre das jeden Tag. Mir ist es wichtig, dass Sie das wissen.


Vor einigen Jahren berichtete die Zeitschrift Marie Claire, eher nicht das typische Maskulistenmagazin, über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz folgendes:

Do women actually get sued for sexual harassment? Hell, yeah. According to a study by the Equal Employment Opportunity Council, 11 percent of complaints are filed by men against their female supervisors. "Women and men are equally at risk to have charges brought against them," says Rhoma Young of Rhoma Young and Associates, a human-resources group that consults on workplace relationships. "But realistically, due to cultural pressures like fear about being made fun of, men are much less likely to report it against women." That may be changing — between 1990 and 2006, the percentage of sexual-harassment charges filed by men nearly doubled.

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