Dienstag, Mai 13, 2008

Brief an jüdische Gemeinde: "Alice Schwarzer verharmlost Naziverbrechen"

Die Prostituiertenorganisation Dona Carmen hat einen offenen Brief an Prof. Dr. Salomon Korn, Vorstand der jüdischen Gemeinde Frankfurts, verfasst. Darin hinterfragt sie die Gleichsetzung, die Schwarzer gerne bei Frauen und Juden vornimmt. Ein Auszug:

Schon 1985 glaubte Schwarzer zu wissen, „dass auch ich selbst zu einer minderen Rasse gehöre: zu der der Frauen.“ (Mit Leidenschaft, 1985, S.135) Schließlich hätten auch die Frauen einen Genozid vorzuweisen: die Millionen ermordeter ‚Hexen’. Gegner ihres Konzepts von Frauenemanzipation bezeichnete Schwarzer - mit dem Jargon der Nazis kokettierend - mehrfach als Vertreter einer „Herrenrasse“. Frau Schwarzer und ihre Zeitschrift EMMA propagieren die These der amerikanischen Therapeutin Judith L. Herman von „den kleinen versteckten Konzentrationslager(n), errichtet von Tyrannen, die über ihre Familie herrschen“. (EMMA, Jan/Febr. 2004, S.88) Damit werden Opfer häuslicher Gewalt mit politischen Opfern, letztlich mit Opfern des Nazi-Regimes auf eine Stufe gestellt. So genannte „Lustmörder“ bezeichnet Frau Schwarzer mehrfach als „SS des Patriachats“, was zweifellos die SS verharmlost. Immer wieder drängen sich Schwarzer „Parallelen zu 1933“ auf: „Auch damals waren (zunächst) die Juden im Visier - und die Frauen“. Schließlich habe es unter Hitler ein Berufsverbot für weibliche Juristen gegeben. (EMMA, März/April 2002) „Den Gaskammern der Nazis gingen selbstverständlich die Propagandafeldzüge der Nazis voraus, die jüdische Menschen wie Untermenschen gezeigt haben. Und wir Frauen werden heute gezeigt wie Untermenschen.“ (EMMA-Sonderband PorNO, 1988, S.49) „Wollt ihr die totale Objektfrau?“ fragte Schwarzer, Goebbels imitierend, in ihrer PorNo-Kampagne. (PorNO, 1994, S.85)

Weitere Belege für diese Verfahrensweise finden sich in Schwarzers Publikationen zuhauf. Es wimmelt nur so davon. Schwarzer zielt - wie sie selbst schrieb - darauf ab, Frauen „mit anerkannt Diskriminierten, mit Schwarzen oder gar Juden (zu) vergleichen“. (Mit Leidenschaft, 1985, S.200) Das findet sie keineswegs geschmacklos. Denn solche „realistischen Parallelen“ seien nötig „weil oft erst das die Ungeheuerlichkeit der Frauen-‚Normalität’ klarmacht“, so Schwarzer. (ebenda, S.200)

Wer Frauenverachtung und das Leiden von Frauen unter männlicher Ignoranz, wer die rechtliche und gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen in demokratisch verfassten Gesellschaften mit der Verfolgung der Juden unter dem Hitler-Regime derart „realistisch“ vergleicht und auf eine Stufe stellt, wer die Opfer häuslicher Gewalt mit den Opfern politischer Gewalt unter dem Nationalsozialismus gleichsetzt, wie Schwarzer es tut, betreibt unter dem schützenden Mantel des Philosemitismus eine verantwortungslose Verharmlosung und Banalisierung der Nazi-Verbrechen. Diese werden in unerträglicher Weise für pseudofeministische Zwecke instrumentalisiert, um eine angeblich allgegenwärtige „Männergewalt“ zu behaupten, zu dämonisieren und Frauen als stets hilflose Opfer zu fixieren. Frauenbefreiung wird auf diese Weise mit dem Heiligenschein einer antifaschistischen Tat versehen und vermarktet.

Wir sind der Überzeugung, dass die Verleihung des Börne-Preises an Frau Schwarzer die Erörterung der hier aufgeworfenen Fragen notwendig gemacht hätte. Hier wäre nicht zuletzt die Jüdische Gemeinde Frankfurt, hier wären nicht zuletzt auch Sie, Herr Prof. Dr. Korn, als Vorsitzender im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und Mitglied im Stiftungsvorstand der Ludwig-Börne-Stiftung gefordert gewesen. Stattdessen höfliches Schweigen, nicht der Hauch von Kritik oder gar Protest. Stattdessen eine Preisverleihung als gehobenes Entertainment: man witzelt, man scherzt, man lacht. Ikonen-Verehrung statt kritischer Auseinandersetzung.

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